Sonntag, 12. Januar 2020

Mein Getriebe [aus 2009]

Das Wohnen in einer Großstadt wie Berlin bietet wirklich eine Vielzahl von Möglichkeiten der unterschiedlichsten Art. Eine dieser Möglichkeiten ist z. B. sich prima die Nächte um die Ohren hauen zu können; das präsente, breit gestreute Spektrum der nächtlichen Freizeitaktivitäten ist unübersehbar. Auch für geübte Nachtschwärmer ist es nicht immer leicht den Überblick zu behalten.

Aber ganz egal wie wir so unsere nächtliche Freizeit verbringen:
Irgendwann ist auch mit dem größten Spaß mal Schluss und der Heimweg naht. So war es auch bei mir am vorletzten Wochenende im Mai. Hahnenkrähen war zwar nicht zu hören, aber es war schon fast wieder richtig hell. Selbstverständlich erfolgte die Heimfahrt mit geöffnetem Dach - klar. Nicht nur die Umluftheizung erwärmte meinen müden Körper, nein, es war vor allem die Freude über das ausgezeichnet funktionierende Getriebe.

Die bereits fertig ausgebaute Landstraße, vorbei am noch nicht fertig ausgebautem Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI), mein Wunsch endlich nach Hause zu kommen und das bereits genannte Getriebe ermöglichten eine Geschwindigkeit von 120 km/h. Beim müden Blick auf den Tacho überkam mich ein breites Grinsen:
ja, alles ist gut so. Nichts wackelt oder klappert, so kann ich Diesjahr nach Garlenda fahren; einzig ein brauchbares Radio fehlt mir noch. Beim Gedanken an mein Getriebe nahm das Grinsen zu.
Ich bin Mahlsdorf’s bester 500er Schrauber! - Jawoll.

Es war 10 Minuten vor sechs. Nicht ein Taxi am sonst übervollen Taxistand wo für gewöhnlich 50 oder mehr Taxen stehen.
Sonntagmorgen eben.

Dann kam sie - die Straßenbaustelle. Jetzt locker runterschalten,
ohne knacken oder sonstige Geräusche. Schließlich hab ich jetzt nicht mehr das alte F Getriebe drin, naja, und wenn ich Ehrlich bin hat das mit dem geräuscharmen runterschalten nicht immer funktioniert. Und überhaupt unsynchronisierte Getriebe sind nicht auf Platz eins meiner Favoritenliste. Das war ja schließlich auch der Grund mir ein altes 126 Getriebe zu besorgen und einzubauen.
Mein neues altes Getriebe fand den Weg aus Deutschlands Norden zu mir. Kein Wunder: wo andere schon im 5. Gang unterwegs sind fahre ich noch Zwischengas.

Ein Spiel für Kinder dieses Kinderspiel, nach reichlich Lektüre im Forum und gelieferten 500er Antriebswellen wurde meine Herausforderung auf die Werkbank gelegt: Schließlich ist es ja nicht wichtig zu wissen wie ein Getriebe funktioniert, hauptsache ich kann es reparieren. Außerdem hab ich bei der Tour Europa die Lampe gehalten als das Getriebe des Follow-Me-Car wiederbelebt wurde. So was schult!

Mein neues altes Getriebe wurde geöffnet:
Als Erstes fielen mir Fragmente der Synchronringe entgegen. Ausgerechnet die. Weglassen geht nicht - da kann ich gleich mein altes F Getriebe drinlassen. Einige Zähne waren auch nicht schön anzusehen, so wie bei einigen von uns. Ein Loch im Gehäuse, eingescheuert durch die Handbremsseile. Na, wenn’s Weiter nix is …

Der Flughafen BBI ist noch nicht fertig, die Jobmaschine für die Region läuft also noch nicht, wie derzeit bei mir. Eine neuerliche Ersatzteilbestellung kam also nicht in Frage, wir hier im Osten backen eben ganz kleine Brötchen …

Ganz hinten in der östlichsten Ecke unter meiner Werkbank lag noch das ‚Für alle Fälle Getriebe’. Jetzt ist ‚Für alle Fälle’ dachte ich. So hab ich aus zwei eins gemacht. Mit durchschlagendem Erfolg.

Ich schraube im heimischen Garten; Getriebetausch ist eine meiner leichtesten Übungen. Nach 300 km hab ich das Öl gewechselt, zu meiner Überraschung waren kaum Späne oder sonstiger Abrieb am Magneten der Ablassschraube. Das Öl hätte ich ja fast noch an die nächste Frittenbude weiterreichen können.

All dies kam mir in den Sinn als ich geräuschlos vor der Baustelle in den 3. Gang schalten wollte. Dazu kam es aber nicht mehr. Bei 70 km/h blockierte das rechte Hinterrad. Mit lautem Quitschem näherte ich mich der 50 cm hohen Bordsteinkante. Der Wagen kam hinten unheimlich hoch, es gab was zwischen Knallen und Krachen auf die Ohren. Das Grinsen war weg, ich hellwach.

Es stinkt nach Gummi. Motor läuft. Öldruck und Ladekontrolle sind aus. Das scheiß Radio an: Guten Morgen Berlin, du kannst so hässlich sein…’ lief aber zum Glück nicht.

Kupplung treten gibt so’n Geräusch das die Kupplung eben nicht getreten wird. Ich stehe so dicht an der hohen Bordsteinkante, dass ich auf der Beifahrerseite aussteigen muss. Kein Mensch weit und breit. Es ist 5 vor sechs am Sonntagmorgen. Zu jeder anderen Zeit wäre hier verkehrstechnisch richtig was los. Blick auf den Motor unter seiner Haube:
alles wie immer, läuft noch schön rund, Antriebswellen sind noch dran, kein Öl sichtbar, kein Qualm. Blick unter’s Auto: keine Öllache. Blick zur Seite: im 20 m Entfernung, auf dem morgendlichem Weg von Schwarz zu Blau, die blau leuchtende Aral Tankstelle. Lieber Schutzheiliger der 500er Fahrer, ich danke Dir.
Alles da. Es wird gerade die Tagesschicht an der Tanke gestartet.

Ich will den Wagen nach hinten schieben, geht aber nicht. Dann eben nach vorn, weg vom Bord. Ein Geräusch als wären die Kugeln bei der Ziehung der Lottozahl aus Metall. Jetzt geht’s auch wieder nach hinten.

Ein großer Vorteil bei unseren kleinen Autos ist, dass ich beim Schieben auch nur kleine Kraft anwenden muss. Außerdem hab ich Übung im Autoschieben, das ist aber eine andere Geschichte.
Die beiden an der Tanke waren nett, ich konnte meine ‚Orange’ im Sichtfeld des Kassierers abstellen und er versprach glaubwürdig ein wachsames Auge zu haben. Nach dem ersten Kaffe des Tages sowohl für mich als auch für die Kaffeemaschine der Tankstelle bin ich dann seit Jahren mal wieder Taxi gefahren. Das Taxi kam nicht vom Flughafen …

Da kam es dann zurück das breite Grinsen: nicht’s weiter passiert,
lieber in heimischen Gewässern stranden als in Garlenda oder sonst wo, ich bin doch lernfähig.

Endlich zu Hause. Endlich schlafen. Schadensbilanz an der Orange dann am Montag …Als mein Auto dann am Montag zu Hause an seinem gewohnten Platz stand begann der Motorausbau.

Alle die, die eine Anhängekupplung an ihrem Wagen haben, kennen die zusätzlichen Fingerübungen die zur Demontage dieser notwendig sind. Manchmal nervt’s. Der Motor wollte zuerst nicht vom Getriebe ab, kein Wunder, wo ich doch beide mit viel Liebe zusammengeschraubt habe.
Aber dann wollten sie doch.

Oh, welch Anblick.

Motor mit Welle (1)
[Bild: Motor mit Hauptwelle (1)]


Nun ja,
ich wollt schon immer einen Zentrierdorn für die Kupplungsscheibenmontage haben.
Endlich vorbei die Zeiten wo ich einem, von mir mehrfach erprobtem Tipp des Forums zufolge, mit einem Stück Kupferrohr … das Kupferrohr hat ausgedient.


Der gewissenhafte Leser wird schon die ganze Zeit warten und denken:
Was nun aus dem durchschlagendem Erfolg geworden ?
Hier:

Loch in Glocke (2)
[Bild: Getriebe mit Loch in Glocke (2)]


Da lag sie nun wieder auf der Werkbank, meine Herausforderung:
Für die Freunde der Puzzlespiele noch das hier:

Puzzle (3)
[Bild: Bruchstücke (3)]


Und nun, kurz vor Schluss noch der Tipp von Mahlsdorf’s bestem 500er Schrauber:

Wenn am Sicherungsblech außen am Ausgleichgetriebe nicht alle vier Laschen auch nach dem Umbiegen dran sind, haltet schon mal nach der nächsten Tankstelle Ausschau.

Die rote Markierung zeigt nicht’s, denn da fehlt die umgebogene Lasche.
Deshalb konnte sich das Sicherungsblech verdrehen.
Der Dorn hat dann freie Bahn, deshalb grüner Pfeil.

Sicherungsblech (4)
[Bild: Sicherungsblech (4)]


Und nun ?
Ich übe wieder geräuschloses Runterschalten mit meinem F Getriebe …
aber bestimmt nicht lange …


Rainer,
der einzige 500er Schrauber in Mahlsdorf.

Ein kleiner Nachtrag:
Nach einer weiteren Woche bin ich dann wieder 'Synchron' unterwegs gewesen.

_________________________________________________________

Dieses wunderbare Erlebnis ist nun mehr als 10 Jahre her,
vieles hat sich seitdem verändert, einiges nicht.

Ich wünsche allzeit gute und pannenfreie Fahrt.

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